Histoire naturelle des Indes (seit 2017)
Histoire naturelle des Indes
(Drittmittelfinanzierte Einzelförderung)
Titel des Gesamtprojektes:
Projektleitung:
Projektbeteiligte:
Projektstart: 1. September 2017
Projektende:
Akronym:
Mittelgeber: Stiftungen
URL:
Abstract
Die Histoire naturelle des Indes (Drake-Manuskript) – ein bisher ungehobener Schatz der Sprachgeschichte der Karibik
Im Jahre 1983 vermachte die Buchsammlerin Clara S. Peck der New Yorker Morgan Library ein außergewöhnliches Werk: Eine reich bebilderte Handschrift in französischer Sprache, die auf 125 Tafeln ein Porträt der Flora, Fauna und indigenen Kulturen Amerikas um 1600 liefert. Das Dokument kann als Faksimile-Ausgabe auf der Website der Bibliothek konsultiert werden (vgl. http://www.themorgan.org/collection/Histoire-Naturelle-des-Indes).Über den Autor (oder möglicherweise die Autoren) des Dokuments ist nichts bekannt, ebensowenig wie über die Umstände seiner Entstehung. Die zweimalige Erwähnung des englischen Korsaren Francis Drake, die Tatsache, dass praktisch alle im Text erwähnten Ortsnamen entweder auf der Route von Drake’s Weltumsegelung (1577-1580) oder seiner zweiten Kaperfahrt in die Karibik (1585/86) liegen, sowie eine Passage, in der der Verfasser sich zu der Überlegenheit des Christengottes gegenüber den indigenen Dämonen äußert legen nahe, dass die Handschrift von einem oder mehreren französischen Hugenotten stammt, die Drake auf seinen Fahrten begleiteten und/oder in engem Kontakt zu Drakes Weggefährten standen. Einige Formulierungen im Text weisen darauf hin, dass dieser zumindest teilweise in Frankreich entstanden ist. Da der Autor jedoch tiefgreifende Kenntnisse der indigenen Kulturen insbesondere im Karibischen Raum besaß und auch mit den Institutionen, der Ökonomie und Lebensweise der spanischen Kolonialgesellschaft vertraut war, ist anzunehmen, dass er zumindest eine Zeitlang im hispanoamerikanischen Raum gelebt hat.
Das Dokument kann daher in mehrfacher Hinsicht als emblematisch für die Geschichte der Sprach- und Kulturkontakte in der Karibik gelten: Es illustriert am Beispiel einer individuellen Sprachbiographie die Rolle der spanischen Sprache und Kultur für die Akkulturationsprozesse in der kolonialen Karibik, spiegelt gleichzeitig aber auch die Interaktion zwischen verschiedenen europäischen und indigenen Sprachen bei der Herausbildung des Kolonialfranzösischen wider. Darüber hinaus enthält es sogar wichtige Informationen über die Entwicklung des Spanischen in Amerika, insbesondere den Erwerb der spanischen Sprache unter Indigenen.
Die Histoire naturelle
des Indes hat noch längst nicht alle ihre Geheimnisse preisgegeben. Im
Rahmen unseres Projektes entsteht eine buchstabengetreue Transkription der Handschrift,
die für eine weitere sprachwissenschaftliche, aber auch historische,
ethnobotanische oder anthropologische Erforschung des Textes unerlässlich
ist. Durch die Untersuchung dialektaler
und soziolektaler Besonderheiten und möglicher Einflüsse aus anderen
europäischen sowie indigenen Sprachen sollen neue Erkenntnisse über die
sprachliche Entwicklung des karibischen Raums und Hypothesen zu den
Entstehungsbedingungen (insbesondere Ort und Verfasser) des Manuskripts
gewonnen werden.
Publikationen
„L’Histoire naturelle des Indes (« Drake manuscript », ca. 1600) à la croisée des langues de l’Amérique coloniale”
In: Barbara Schäfer-Prieß; Roger Schöntag (Hrsg.): Seitenblicke auf die französische Sprachgeschichte, Tübingen: Gunter Narr, 2018, S. 191-207
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